Mittwoch, 6. Juni 2018

Turtles all the way down ~ John Green


Turtles All the Way Down by John Green 
Wie auch das vorherige Buch bezieht sich diese Rezension auf die englische Originalausgabe. Vor einiger Zeit hatte ich "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" gelesen und vermutlich den Fehler gemacht es auf Deutsch zu lesen. Der Schreibstil der Übersetzerin hat mir persönlich nämlich überhaupt nicht gefallen und ohne die richtigen Worte kommt auch der beste Inhalt einfach nicht richtig an. Trotzdem habe ich mich entschlossen eine kleine John Green Pause einzulegen und das nächste Green Buch in der Originalsprache zu lesen. Gesagt, getan und ich habe es nicht bereut. Daher empfehle ich allen, die der englischen Sprache mächtig sind das Buch im Original zu lesen.
Das neue Buch von John Green, einem hochgelobten Autor: "Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken" oder im Original "turtles all the way down".
Inhalt:
Aza Holmes ist ein Teenager mit psychischen Problemen, eine Krankheit, die viele betrifft und auch immer mehr ins Gespräch kommt. Sie selbst beschreibt ihre Gedanken wie einen Dämon, der ihren Körper besitzt und ihre Gedanken kontrolliert oder wie eine Spirale die sich immer weiter zuengt. Sie hat Zwänge und panische Angst davor eine C. diff Infektion zu bekommen. Es ist ein Krankenhauskeim welches zum Tod führen kann. Da ihr Vater eines Tages sehr plötzlich gestorben ist hat sie diese Gedanken entwickelt, die sie nicht kontrollieren kann.
In einem Camp für Kinder, welche einen Elternteil verloren haben lernte sie Davis kennen. Als sein Vater, ein Milliardär plötzlich am Tag vor der Razzia in seinem eigenen Haus wird eine Belohnung ausgeschrieben auf die Person, die von Russel Picketts Verbleib weiß.
Daisy, Azas beste Freundin ist erpicht darauf das Geld zu bekommen und so versuchen die beiden den Fall zu lösen.
Währenddessen versucht Aza ihre psychischen Probleme in den Griff zu bekommen doch es scheint nur schlimmer zu werden, als sie beginnt sich in Davis zu verlieben, weil sie beginnt sich selbst im Weg zu stehen.

Meine Meinung:
Wer ein wahres Happy End will ist bei John Green an der falschen Adresse. Seine Geschichte ist realitätsnah und echt. Natürlich war es zum Teil schwer zu lesen, als Aza mit sich selbst kämpfte und man selber frustriert war, weil sie nicht den einfachen Weg wählt sondern einfach in die falsche Richtung läuft. Obwohl ich Aza teilweise sehr frustrierend fand, denke ich sie ist eine tolle Protagonistin und nicht wie man es oft liest das perfekte Mädchen, dass keine Makel hat.
Die Story selbst war nicht gerade ein Aktionroman, aber da es hier mehr um die innere Verfassung und Problembewältigung geht ist dies auch absolut nicht nötig. Die Sprache fand ich persönlich unglaublich gut. John Green wählte für meinen Geschmack genau die richtigen Worte. Interessant fand ich auch (anscheinend ist mir das bei Das Schicksal ist ein mieser Verräter nicht aufgefallen), dass er als männlicher Autor die Probleme eines jungen Mädchens wiederspiegelt. Seine Beweggründe dahinter kenne ich nicht, aber auffallend ist diese Entwicklung in der Bücherwelt trotzdem. Früher war lesen und schreiben reine Männerdomäne, sodass auch die Protagonisten männlich waren. Heutzutage wird ein Großteil der Roman so scheint es mir von Frauen geschrieben und auch die Protagonisten werden zunehmend weiblich. Das aber nur als kleine Anmerkung am Rande.
Auch wenn ich mir nicht ganz sicher bin, glaube ich in mitbekommen zu haben, dass dieser Roman auch autobiografischen Charakter hat. Inwiefern es stimmt kann ich nicht sagen, aber das ist ganz nett zu wissen.
Ich persönlich dachte deshalb die ersten zwanzig Seiten, dass Aza ein Junge wäre und war ziemlich verwirrt, bis sich das geklärt hat. Aber das ist eher meine Schuld und nicht die John Greens.

Eure Bücherdiebe

Englische Ausgabe (gebunden): Amazon,     Dutton-Penguin
Deutsche Ausgabe (gebunden): Amazon , Hanser Literaturverlage
Bewertung: ****;5 / *****
Seiten: 288 (e)/ 284 (d)
Verlag: Dutton by Penguin oder Hanser-Literaturverlage
Preis:  12,99€ / 20€
ISBN13:  978-0-52-555536-0 / 978-3-44625903-4

Freitag, 1. Juni 2018

Der Report der Magd ~ Margaret Atwood

Ein Buch, dem sein Ruf bereits vorauseilt und das nicht umsonst: Der Report der Magd ist eine Dystopie, welche näher an der Realität kaum sein könnte.
Ich werde die englischen Begriffe verwenden, da diese geläufiger sind und ich das Buch in der Originalsprache gelesen habe und so nicht alle deutschen Bezeichnungen kenne. In der Republik von Gilead sind die Menschen in verschiedene Gruppen aufgeteilt und jede hat ihre eigene Kleidung, sodass der soziale Stand einer Person für alle sichtbar nach außen gekehrt wird. Es gibt Commander (in schwarz), ihre Frauen (in blau) und ihre Kinder(in weiß). Doch da sehr viele Frauen nicht mehr in der Lage sind Kinder zu bekommen wird den Commander eine Handmaid (in rot) zugeteilt. Ihr alleiniger Sinn ist es Kinder zu bekommen, sie helfen den Marthas (in grün) aber zum Teil auch beim Einkauf. Marthas sind für den Haushalt zuständig. Sie kochen und backen mit dem, was noch zur Verfügung steht, da in Gilead viele Bereiche kontaminiert sind und Anbau und Viehzucht auf nur wenigen Flächen möglich ist. Für die Ausbildung der Handmaids und einige Zeremonien sind Tanten (in braun) verantwortlich. Sie sind die einzigen Frauen, denen es gestattet ist zu lesen und Wissen zu besitzen. Meist sind es ältere Frauen. Niedriger stehende oder arme Familien haben einen einfachen Haushalt, basierend auf dem alt-traditionellen Familienbild. Der Mann bringt genug Geld (metaphorisch gesprochen, da in Gilead kein wirkliches Geld im Umlauf ist) ins Haus und die Frau genannt Econowife (in grün, rot und blau) kümmert sich um den Haushalt. Die drei Farben symbolisieren ihre im Bestfall drei Rollen, die sie ausführen soll. Sie ist sowohl für den Haushalt zuständig, übernimmt die Pflichten der Frau und sofern sie noch fruchtbar ist auch die Rolle der Handmaids. Sie sind eine der niedrigsten Gesellschaftsschichten, abgesehen von den Unwomen. Zu der Gruppe der Unwomen gehören sterile, geschiedene oder unverheiratete Frauen, sowie Lesben, Nonnen und Feministinnen. Falls eine Handmaid nach sechs Jahren und drei verschiedenen Männern kein Kind bekommen hat wird auch sie zu dieser Gruppe gezählt. Unwomen werden in die Kolonien geschickt, wo sie in der Regel giftigen Abfall entsorgen. In den Kolonien sind die, der Regierung verhassten Teile der Gesellschaft von der restlichen Bevölkerung abgeschirmt und sterben meist innerhalb weniger Jahre. Eine Randgruppe sind noch die Jezebels, sie sind das Äquivalent zu Prostituierten und nur außerhalb von Gilead zu finden. Frauen konnten anstelle davon in die Kolonien geschickt zu werden manchmal aussuchen und die Entscheidung treffen Jezebels zu werden. Es gibt außerdem unter den Männern auch verschiedene Gruppen, doch diese sind für einen gröberen Überblick nicht allzu wichtig.
Die soziale Struktur in Gilead ist relativ komplex, deshalb musste ich ein wenig ausholen. Der Roman folgt der Geschichte von Offred, welche gezwungen wurde eine Handmaid zu werden.Ihren Mann Luke und ihr Kind hat sie nicht mehr wieder gesehen, seit sie in das Ausbildungszentrum für Handmaids gebracht wurde. Man erfährt ihren wahren Namen nicht, aber  der Name Offred zeigt bereits die Repression dieser speziellen Gruppe. Da sie den Commander zugeteilt werden werden sie als deren Eigentum gesehen und sind “Of” und der Name des Commanders, also “von” ihrem Commander. Im deutschen heißt sie Desfred, also lateinisch “von”. In Zeitsprüngen innerhalb der Kapitel erfahren wir, wie es zum Putsch kam und die Machtübernahme in Gilead stattfand. Generell sind die Ereignisse in ihrer Reihenfolge, beginnend bei Offred, welche schon im Haus ihres neuen Commanders ist. Spezielle Ereignisse lösen bei ihr Erinnerungen aus, welche sich wie ein Puzzle Stück für Stück zusammensetzen, bis man am Ende aus ihrer Sichtweise verstanden hat, was ihr widerfahren ist.
Interessant ist diese Dystopie, weil sie sehr real und auch atypisch für ihr Genre ist. Margaret Atwoods Intention war es eine weibliche Hauptperson zu schaffen, was zu dem Erscheinungszeitpunkt (1985) sehr ungewöhnlich war (, Bezug nehme ich hier auf 1984, welches sie stark prägte und Fahrenheit 451, nur um zwei zu nennen). Außerdem ist bekannt, dass Atwood Elemente übernahm, modifizierte und zusammenführte, welche sie in der Gegenwart und Vergangenheit in verschiedenen Ländern fand. Das macht das Buch so unglaublich faszinierend und auch schockierend, weil einem vor Augen geführt wird, wie einige Gesellschaften degradieren oder wie sich Menschen und Weltbilder im Laufe der Zeit ändern. Mit vielen schief gegangenen Atomversuchen sind bereits einige Orte der Welt nicht mehr besiedelbar. In nahe gelegenen Regionen ist die Geburtenrate bereits stark abgefallen. Die Regierung von Gilead will die Bevölkerung mit dem Putsch in die richtige Richtung lenken. Natürlich war die Intention hinter der Veränderung positiv, aber Leute in Kolonien zu schicken, sie auszubeuten und zu wissen, dass sie in mehreren Monaten sterben werden mutet sehr an Verhältnisse im zweiten Weltkrieg an und wir alle wissen, dass das nicht gut ausgehen kann.
Auch benutzt Margaret Atwood viele dystopische Elemente, wie Farben, um die soziale Hierarchie darzustellen. Es ist allen klar, dass Farben hier auch viel mehr ausdrücken und das rot hier nicht bloß für Liebe steht, sondern die Gefahr verdeutlicht. Liebe wird hier als Begriff missbraucht, denn es ist nicht die Liebe, wie wir sie kennen gemeint, sondern eigentlich eher Sex ohne Liebe, also Lust. Aber an diesem Punkt könnte ich vermutlich noch 100 Seiten füllen, belasse es aber bei der Kurzfassung.
Ohne das Ende von Offreds/ Desfreds Geschichte zu verraten gehe ich auf das Ende des Buches ein. Nachdem Offreds Geschichte erzählt wurde kommt ein Teil “Historische Notiz”. Zuerst dachte ich es würde sich um einen Anhang handeln, den ich für gewöhnlich überspringe, entschloss mich jedoch dafür ihn trotzdem zu lesen. Dieser Teil beschäftigt sich nicht direkt mit der vorhergehende Geschichte, sondern dem fiktionalen Hintergrund und der Gesellschaft nach Gilead. Eine sehr interessante Erklärung dazu gab John Green in seiner Buchbesprechung zu eben diesem Roman. Die beiden Videos sind unten verlinkt und sehr zu empfehlen.
Generell ist der Roman, obwohl er 1985 zuerst veröffentlicht wurde immer noch aktuell. Viele der damaligen Probleme sind geblieben oder haben sich sogar verschlimmert. Das Buch ist außerdem unglaublich gut geschrieben. Man kann sich die Umstände der Handmaids gut vorstellen und spürt konstant die Unterdrückung wie ein leises konstantes Summen im Hintergrund. Margaret Atwood ist eine der hellsten Stimmen in der Literatur der Gegenwart und gibt auch Frauen eine Stimme in der Literatur. Der Roman ist also mehr als empfehlenswert und definitiv ein must-read.
Eure Bücherdiebe
Buchbesprechung John Green: Teil 1 Teil 2
Englische Ausgabe: Amazon Penguin
Deutsche Ausgabe: Amazon Piper
Bewertung: *****/*****
Verlag: Piper/  Penguin Vintage 
Seiten: 416 /320
Preis: 12€ (deutsches TB)/ £8,99 (englisches TB)
ISBN13 (deutsche/englische Ausgabe): 978-3-492-31116-8 / 978-0-099-51166-3